Montag, 19. März 2012

Auf den Spuren des Live Abundant Community Health Care Programmes (LAP)

(sara & chrisch) Bereits im ersten Jahr hatte Sara die Möglichkeit das Community Health Care Team bei einem Unterstützungs- und Versorgungsbesuch in abgelegene Dörfer zu begleiten (siehe Blogeintrag). Dieses Jahr hatte nun auch Christoph die Gelegenheit einen solchen Einsatz mitzuerleben.

Wir besuchten Das Mbem-Gebiet, wo 1980 das erste Dorf-Gesundheitsprojekt gestartet wurde und hatten das Privileg Daphne Dunger, die Missionarin welche das Community Health Programm gründete, persönlich kennen zu lernen. Deshalb hier ein kurzer geschichtlicher Abriss:

Nur ein Jahr nach der Alma-Ata Deklaration (internationalen Konferenz der primären Gesundheitsversorgung in Alma Ata-Kachastan , 1978) wurde Daphne Dungers Vorschlag über die Gründung einer Gemeinde-Gesundheitsversorgung von dem Cameroon Baptist Convention Health Board gutgeheissen und 2 Mio CFA (~5000CHF) für dieses Projekt zur Verfügung gestellt. Nach einer initialen Bedürfnisabklärungen und Ausbildung  von zwei von der Dorf-Gemeinde gewählten Bürger zu „Village Health Worker“ wurde 1981 in Mbem das erste Dorf-Gesundheitszentrum eröffnet und einige weitere Zentren folgten in den nächsten Jahren – die meisten dieser Zentren sind noch heute funktional und einige wurden zu integrierten Zentren mit besseren diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten ausgebaut. Seit Beginn des LAP wurde starken Wert auf die Einbeziehung und Verantwortung der Dorfgemeinschaft (Community Ownership) gelegt, was sicherlich zum Erfolg beitrug. Heute supervisiert LAP, finanziell unterstütz von Brot für die Welt, mehr als 50 Gesundheitszentren und führt in total 70 Dörfern Impfungen und andere Gesundheitsvorsorgeprogramme durch.

Nach diesem Grundlagenbericht nun zu unseren eigenen Erlebnissen:
Früh am Dienstag-Morgen beluden wir den Hilux mit medizinischem Material machten uns auf den Weg nach Ntim. Die längsten Strassenabschnitte waren holprige Schotterpisten. Nur die steilsten Stücke, die zuvor in der Regenzeit kaum oder gar nicht passierbar gewesen waren, waren geteert. Unterwegs stoppten wir bei einigen Gesundheitszentren wo wir medizinisches Material ablieferten. Nennenswert war unser Stopp in Sabangari, wo wir den Feld-Supervisor aufluden.
Sabangari ist eine Stadt mit ca. 50000 Einwohnern und befindet sich in einer Ebene mit heissem und schwülem Klima. Trotz ihrer Grösse  hat die Stadt jedoch keine staatliche Stromversorgung. Jude, ein lokaler Missionar, hat nun vor einigen Jahren dort ein Projekt mit Solarstrom gestartet. Er hat im kleinen Rahmen begonnen und initial den Einwohnern Strom zum Aufladen ihrer Mobiltelefone für einen kleinen Preis zur Verfügung gestellt. Heute versorgt er bereits mehr als 50 Haushalte und die zwei Gesundheitszentren mit Strom.

Jude's Solaranlage (aus Cameroon: LAP Outreach Ntong / Ntim (Mbem Area))

Wir hatten Jude bei Besuchen in Bamenda bereits kennen gelernt und waren sehr daran interessiert einen besseren Einblick in seine Arbeit zu erhalten. Bis zu unsere Ankunft in Sabangaria hatten wir jedoch nicht gewusst, dass dieser Ort auf unsrem Weg liegt. Somit war es für uns eine freudige Überraschung Jude und seine Solarstrom-Versorgungstelle zu sehen.
Nach schier endloser holpriger Fahrt über zahlreiche wunderschöne grüne Hügel erreichten wir am späten Nachmittag Ntim, wo wir von den Einwohnern freudig begrüsst wurden. Etliche Männer, Frauen und sogar Kinder waren damit beschäftigt Ziegeln herzustellen. Sie erzählten uns stolz, dass dies die Aufgabe der ganzen Bevölkerung sei um neben dem Gesundheitszentrum eine Geburtenabteilung zu bauen. Obwohl die Ziegelproduktion gemäss dem Projektverantwortlichen etwas zu langsam voranschreite und sich nicht alle Bürger wie abgemacht daran beteiligen, waren wir doch erstaunt ihr Engagement nach einen harten Arbeitstag auf dem Feld zu sehen.

Lehmziegel (aus Cameroon: LAP Outreach Ntong / Ntim (Mbem Area))

Am nächsten Morgen warteten bereits vor 8.00 Uhr einige Leute auf ihre Meningokokken-Impfung, Währen Alfred dies durchführte, konsultierte Sara mit der Unterstützung der Dorf-Gesundheitsverantwortlichen Patienten, die meisten mit chronischen Beschwerden. Viele erwarteten von der weissen Ärztin eine Wundermedizin, die alle Schmerzen wegen Arthrose, Muskelverspannung von der harten Landwirtschaftsarbeit oder das sehr schlechte Sehvermögen wegen grauem Star kurieren sollte. Die Aufklärungsarbeit war herausfordernd, aber ich hoffe, dass wenigsten einige Patienten und die lokalen Gesundheitsversorger nun das Konzept von chronischen Erkrankung etwas besser verstehen und nicht das ganze erhältliche Medikamentensortiment durchtesten um eine mögliche Kur zu finden.


Der zweite Tag war von der Arbeit her für mich etwas spannender. Eine junge Fulani-Frau, die zu Hause vor Schmerzen kollabierte wurde als Notfall vorbeigebracht. Zahlreiche Familienmitglieder sprachen alle chaotisch und meistens in ihrem Dialekt auf mich ein, so dass ich gar nichts verstand. So fokussierte ich mich auf die klinische Untersuchung und vermutete eine Nierenbecken-Entzündung, was von einer zum Glück erhältlichen Urin-Analyse bestätigt wurde. Mit genügend Schmerzmedikamenten und Antibiotika ging es der Patientin schon bald besser. Am späten Abend kam noch ein Fulani mit einer Rissquetschwunde am Kopf vorbei, die er sich bei einer Prügelei zugezogen hatte. Unter abenteuerlichen, nicht wirklich sterilen Bedingungen, führte ich die Wundversorgung und Wundnaht im Schein meiner Stirnlampe durch.

Sara am Nähen (aus Cameroon: LAP Outreach Ntong / Ntim (Mbem Area))

Bei der nächsten und letzten Patientin um Mitternacht, handelte es sich leider um mich selber. Mir war das Buschfleisch, eine Nagetier das speziell für Christoph und mich gekauft und zubereitet wurde nicht sehr gut bekommen und ich musste mich übergeben und hatte Durchfall.

Die Rückreise am nächsten Tag war eine Qual. Victor, unser Fahrer, wählte eine andere, kürzere Route die über die Romhills führte. Die Aussicht mehr oder weniger senkrecht hinunter ins Tal war atemberaubend und die Holperstrasse mit grossen Steinen und tiefen Rillen angsteinflössend. Victor meisterte jedoch auch die schwierigsten Passagen souverän, trotzen waren wir froh, als wir wohlbehalten in Banso eintrafen.

Fahrstrasse (aus Cameroon: LAP Outreach Ntong / Ntim (Mbem Area))

Montag, 5. März 2012

Der Countdown läuft

(sara & chrisch) Unsere zwei Jahre in Mbingo neigen sich dem Ende zu. In 5 Wochen (15. April) werden wir zurück in die Schweiz fliegen. Dieser Gedanke löst gemischte Gefühle bei uns aus.

Der Abschied von etlichen sehr guten Freunden, sowohl von Kamerunern wie auch Missionaren, wird uns schwer fallen. Wir werden oft gefragt für wie lange wir in der Schweiz bleiben und wann wir definitiv nach Kamerun zurückkehren werden. Obwohl wir uns über diese Wertschätzung und dementsprechend dem Ausdruck der Beziehung zu uns freuen, ist es auch anstrengend zu erklären, dass wir zumindest vorläufig keine Rückkehr nach Mbingo planen.

Bei uns hat sich beim Endspurt unserer Arbeit eine kulturelle Ermüdung bemerkbar gemacht:
Im Informatikbereich werden trotz Ausbildungen und Ermahnungen noch immer Grundlegende Fehler gemacht. Zum Beispiel händigt Godwill neue Computer ohne installiertes Antivirusprogramm den Benutzern aus und riskiert so unnötigerweise einen Virusbefall. Die Installation eines solchen Programms dauert ca. 10 Minuten – die Entfernung kann mehrere Stunden in Anspruch nehmen.
Sara ist frustriert über das Ergebnis ihrer Bubble CPAP Studie sowie der fehlenden Verbesserung des Managements von hospitalisierten Patienten mit Malaria trotz all ihrem Aufwand/Einsatz diesbezüglich. Sie wartet jedoch mit Spannung auf die Resultate der „Malaria-Test adherence“ bei ambulanten Patienten.

Mitte Februar sind zwei amerikanische Familien nach Mbingo gekommen und haben das Ärzteteam mit drei Kinderärzten und einem Internisten verstärkt. Dies ermöglicht es ihr Zeit im Labor und auf der Pathologie und hoffentlich dem Ultraschall-Departement zu verbringen und ihre Studien abzuschliessen. Es besteht kaum mehr Bedarf für Saras Einsatz am Spital, was uns klar aufzeigt, dass es gut ist, dass unsere Zeit hier zu einem Ende kommt.

Wir blicken dankbar auf die zwei Jahre in Mbingo zurück.
  • Persönlich haben wir viel gelernt über die kamerunische und amerikanische Kultur, aber auch über uns selber und unsere Beziehung zu Gott.
  • Sara hat dank Rotationen in den unterschiedlichen medizinischen Gebieten und unzähligen spannenden Fälle und der Funktion als Ausbildnerin ein breitgefächertes medizinisches Wissen und zahlreiche neue Fähigkeiten erworben.
  • Trotz allen Herausforderungen konnte Chrisch Mitarbeiter im IT Bereich ausbilden und Anwender schulen. Ein grosser Erfolg war auch die Verbesserung der Internet Infrastruktur die dem Spital nun einen schnelleren Zugang zu Informationen ermöglicht.
  • Wir konnten gute interkulturelle Beziehungen aufbauen und Freundschaften knüpfen, etliche die hoffentlich längerfristig bestehen bleiben.
  • Viele kostbare Erinnerungen werden uns unser Leben lang begleiten, wie zum Beispiel die Besuche bei den Fulani-Freunden, Arbeitseinsatz in Gesundheitszentren in abgelegenen Gebieten sowie die Wanderungen in den grünen Hügeln.