Samstag, 20. März 2010

Wochenplatz

(chrisch) Nachtrag: Das Leben hier ist doch nicht ganz so Ereignislos wie ich es vorhin geschrieben habe. Ich muss mir kurz meinen Frust von der Seele schreiben.

Kurz nach unserer Ankunft hier in Mbingo lernten wir Felix kennen. Er ca. 14 Jahre alt und wohnt im ehemaligen Lepra-Quartier auf dem Spitalgelände. Da seine Mutter als Putzfrau nicht viel verdient, ist das Geld natürlich immer knapp und die Schulgebühren verursachen finanzielle Probleme.

Eines Tages fragte uns Felix, ob wir ihm bei der Bezahlung der Schulgebühren helfen können. Wir erachten die Ausbildung von Kindern als sehr wichtig und waren gerne dazu bereit. Da wir aber den Eindruck vermeiden wollen, dass die Weissen Milchkühe sind, beschlossen wir Felix als "Gartenjunge" einzustellen. So kann er Geld verdienen und zugleich das Darlehen zurückzahlen.
Als weitere Unterstützung schenkten wir ihm zwei Schulbücher, die er für seine Ausbildung benötigt. Hier in Kamerun ist es so, dass die Kinder ihre Bücher und Hefte selbständig kaufen müssen. Somit fallen neben den hohen Schulgebühren noch weitere Kosten an, wie zum Beispiel die staatlichen Prüfungsgebühren, Schuluniformen, Bücher und Hefte.

Bis vor rund zwei Wochen funktionierte diese Abmachung ganz gut. Felix war nie ausserordentlich fleissig, aber was solls. Ich ging davon aus, dass er müde von der Schule und der Arbeit auf der eigenen Farm sei.
Als wir vor zwei Wochen nach Bamenda fuhren erzählte ich dies Felix und erklärte ihm, dass wir erst am Samstag nach Hause kommen. Als wir am Samstagmorgen um 9:15 Uhr wieder Zuhause eintrafen stellte ich fest, dass Felix auf seinem Zeitrapport, dem Blatt wo er aufschreiben soll wann er kommt und wann er wieder geht, eine Arbeitszeit von 7:00 - 12:00 notiert hat. Mhhhh... wenn er bis 12:00 Uhr arbeitet, sollte er doch noch hier sein. So ging ich jede halbe Stunde in der Garten um zu überprüfen ob er ev. vom Markt zurückgekehrt sei. Aber er ward nicht mehr gesehen.
Als ich ihn am Nachmittag zur Rede stellte, leugnete er zuerst alles. Er sei vielleicht um 11:30 nach Hause gegangen... erst als er erfuhr, dass wir bereits um 9:15 wieder in Mbingo waren gestand er den Betrug. Ich war natürlich sehr enttäuscht von ihm und sagte ihm dies auch. Er gelobte Besserung und wir gaben ihm nochmals eine Chance. Wer hat als Jugendlicher und sogar als Erwachsener nicht schon Sachen gemacht, die nicht erlaubt waren. Sei es während der Arbeitszeit private E-Mails zu lesen, länger in der Kaffepause zu sitzen oder ein Kugelschreiber von der Firma nach Hause zu nehmen.

Seit diesem Vorfall sind zwei Wochen vergangen und wir haben ihn nicht mehr gesehen. Letzte Woche erfuhren wir, dass sie in der Schule ein Test Examen schrieben das länger dauerte und er am Samstag dann zu müde war um zu arbeiten. OK, das kann ich als Begründung verstehen.
Gestern Freitag regnete es und er konnte deshalb nicht arbeiten. Ja, auch das ist ev. noch akzeptabel. Warum er aber heute nicht zur Arbeit erschien (es ist Neblig, nicht zu warm oder zu kalt) konnte er nicht plausibel begründen.

Am Montag werde ich mit dem Sozialarbeiter und der Mutter das Gespräch suchen, da ich verhindern möchte dass Felix bereits so früh auf die schiefe Bahn gerät. Wenn seinem Treiben nicht jetzt ein Ende gesetzt wird, kriegt er in Zukunft grosse Probleme mit den Weissen, seinem Arbeitgeber und der gesamten Gesellschaft.
Da wir Ausländer miteinander reden und Erfahrungen austauschen, wird er einen schlechten Ruf erhalten, von niemandem mehr unterstützt werden und keine weiterführende Schulbildung erhalten.

Ich frage mich, ob und wie lange ich ihm noch eine Chance geben soll. Am liebsten würde ich ihm kündigen und jemand anderes für diese Aufgabe einstellen. Aber ob dies der richtige Weg ist?
Wir werden es sehen. Ich werde euch auf jeden Fall auf dem Laufenden halten.

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