Montag, 28. Juni 2010

African Friends and Money Matters

(chrisch) Da ich mich noch nicht sehr wohl fühle und mich Zuhause erhole, habe ich Gelegenheit Bücher zu lesen die mir von anderen ausländischen Mitarbeitern empfohlen wurden. Im Moment lese ich das Buch "African Friends and Money Matters" (Afrikanische Freunde und Geld-Angelegenheiten) und finde viele Beispiele, die wir hier in Kamerun selber erlebt haben. Sicher, es ist unmöglich in einem Buch auf die kulturellen Unterschiede zwischen West-, Ost- und Süd-Afrika einzugehen, aber erstaunlicherweise (?) treffen die Aussagen im Buch auf das Verhaltensmuster der West-Kameruner, das heisst auf unsere Freunde hier in Mbingo, zu.



Hier ein paar ausgewählte Beispiele die wir hier in Mbingo erleben:
Besuche von Freunden und Bekannten sind ein Zeichen des Respektes und der Freundschaft. Ein Freund der zu Besuch kommt zeigt, dass er sozial niedriger gestellt ist und erhöht so gegen aussen den Respekt für den Gastgeber. Das heisst, je mehr Besuch wir erhalten, desto besser ist unser Ansehen.
Nun, ich als Bünzli und eher introvertierte Persönlichkeit finde dies aber eher ermüdend und irritierend. Gäste zu haben ist schön, aber ich brauche auch Zeit für mich und bin froh wenn sich die Besucher anmelden. Ein Konzept das nur Francine und vor allem Bienvenu nachvollziehen können, da sie im Westen gelebt haben und mit unserer "kalten" Kultur leben mussten.
Kann und will ich mich ändern? Müssen die Kameruner meine Kultur akzeptieren? Wie würde ich reagieren wenn sich ein Kameruner in der Schweiz nicht anpassen will...?

Wie das erste Beispiel zeigt, sind Beziehungen äusserst wichtig für die Einheimischen. Die erweiterte Familie und die Freunde bilden das soziale Netz, das im Notfall zum Tragen kommt. Da die Einheimischen wenig Vertrauen in Banken haben und Mittel (finanzielle wie aber auch materielle) jederzeit von Verwandten und Bekannten ausgeliehen werden, wird nicht geplant und gespart. Dies führt natürlich dazu, dass Geld so rasch als möglich ausgegeben wird und nur sehr schwer und vor allem im Versteckten gespart werden kann.

Im Gegensatz zum Westen wird hier ein Überschuss and Ressourcen (Reichtum) argwöhnisch beäugt, da er als Ausdruck von Gier, Egoismus und mangelnder Solidarität angesehen wird.
Ein Budget erstellen um so finanziell unabhängig sein ist unvorstellbar, da man sich von der Gesellschaft absondert. Geld ausleihen ist eine wichtige soziale Interaktion welche die Beziehungen stärkt und am Leben erhält. Wenn ich heute einem Freund Geld leihe, kann ich mich irgendwann in Zukunft an ihn wenden wenn ich in Not bin. Somit haben Beziehungen immer auch einen finanziellen Hintergrund. Wir als Schweizer werden per se als reich wahrgenommen und sind somit eine Geldquelle die sie gerne anzapfen (würden).

Für mich sind Mangel an Planung und danach Anfragen für finanzielle Unterstützung nur sehr schwer nachvollziehbar. Vor rund zwei Wochen besuchte mich Jeremya und bat mich um 20‘000 Franc CFA (rund 45 Franken) um sich ein neues Handy zu kaufen. Bei einem Monatseinkommen von rund 35‘000-40‘000 ist das sehr viel Geld. Insbesondere, da er noch eine Tochter hat für die er in rund zwei Monaten 30‘000 Franc Schulgebühren zahlen muss. Hier zeigt sich, dass aktuelle Bedürfnisse höher bewertet werden als solche die in der Zukunft liegen. Die Idee auf das Handy zu verzichten um Geld zu sparen, damit später die Schulgebühren bezahlt werden können, ist für ihn nicht nachvollziehbar.
Dies ist aber nicht ein Frage der Bildung, sondern ein generelles Phänomen in der Gesellschaft. Langfristige Investitionen die sich innerhalb kurzer Zeit amortisieren werden zum Teil nicht umgesetzt, weil das Geld kurzfristig an anderen Orten eingesetzt werden "muss".

Wenn jemand um Hilfe bittet, erwartet er selten dass seiner Bitte im vollen Umfang entsprochen wird. Im Fall von Jeremya entschloss ich mich, ihm 6‘000 Franc zu leihen. Ein anderer Mitarbeiter bat mich um 20‘000 Franc für sein neues Haus. Da wir keine besondere Beziehung zu ihm haben, werde ich ihm 2‘000 Franc zur Verfügung stellen. Somit erhält er ein wenig Geld von uns und wir nehmen unsere "soziale Verpflichtung" war. Natürlich ist es schwierig eine gute Linie zu finden. Auch wenn wir für unseren Einsatz hier in Kamerun zahlen, sind wir doch reich und leben im "Überfluss". Wenn wir uns nun kategorisch weigern, Freunden und Bekannten zu helfen, hinterlassen wir ein negatives Bild.
Wenn wir aber allen helfen und grosszügig Geld verteilen würden, hätte dies einen negativen Effekt und wäre auch nicht hilfreich.

Dies sind nur ein paar Beispiele aus unserem Leben, die im Buch erläutert werden. Jedem der längere Zeit in Afrika leben möchte, kann ich das Buch nur wärmstens empfehlen. Es hilft einem die kulturellen Unterschiede zu erkennen und zu verstehen und ermöglicht einem damit umzugehen.

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